Neuer Ort, neues Datum, neues Format – unter diesem Motto hatten Bischof Dr. Michael Gerber und Generalvikar Prälat Christof Steinert zum Neujahrsempfang des Bistums Fulda eingeladen. Nach einer Vesper in der Pfarrkirche St. Andreas in Fulda-Neuenberg fand dieser am Sonntag als Stehempfang mit kurzen inhaltlichen Impulsen im benachbarten Bonifatiushaus statt. Dort begrüßten Generalvikar Steinert und der Direktor der Katholischen Akademie des Bistums Fulda und Hausherr im Bonifatiushaus, Gunter Geiger, die Gäste aus Kirche, Politik und Gesellschaft.
Europäische Friedensordnung, Energiesicherheit, globale Wertschöpfungsketten und nicht zuletzt das Klima: Diese und viele weitere bisher selbstverständliche Grundlagen des Lebens in Mittel- und Westeuropa werden durch die aktuellen Ereignisse infrage gestellt und bedroht, betonte Bischof Dr. Michael Gerber: „Auf dem Spiel steht die Zukunft unseres Globus.“
Auf die komplexen Probleme und Herausforderungen unserer Zeit gebe es keine einfachen Antworten mehr, so Gerber. Es brauche Menschen, die bereit und fähig sind, Komplexität und Unsicherheit auszuhalten, die sich selbst engagieren und das Engagement anderer würdigen und die zudem bereit sind, aus Fehlern zu lernen und sich weiterzuentwickeln.
Dazu gehöre es auch, sich von Gewohntem und Liebgewonnenem verabschieden, Abbrüche und Umbrüche als Chancen zu Wachstum und Reife verstehen zu können. Schon die Jünger Jesu mussten in seiner Nachfolge vieles Loslassen, aktuell geben manche Geflüchtete aus der Ukraine ein Beispiel dafür, wie sie einen tiefen Halt im Letzten und damit in Gott selbst finden, so Gerber.
„Es ist meine Sehnsucht als Bischof von Fulda, dass wir als Bistum – als einzelne Gläubige und als Gemeinden – in eine solche Mentalität hineinfinden“, betonte er. „Eine Mentalität, die den Schmerz des Abschiedes und des Verlustes beim Namen nennt und nicht schönredet. Eine Mentalität, die jenseits einer Haltung des `Egal` Liebgewonnenes loslassen kann und so eine innere Freiheit gewinnt.“
Mit einer solch engagierten Gelassenheit in der Nachfolge Jesu könne die Kirche auch eine Ausstrahlung in die Gesellschaft haben, betonte Gerber: Gehalten im Letzten „sich ganz in ein Problem hineinzuvertiefen, differenziert wahrzunehmen, worum es geht, um dann ernsthaft die Bereitschaft zu haben, lange Wege zu gehen, um engagiert an den Lösungen zu arbeiten.“
Dieses Letzte, das für Christen Gott selbst ist, zeige sich oft im ganz Konkreten, betonte Gerber: „In Beziehungen, in Freundschaften, in Partnerschaften, in denen ich Verlässlichkeit und unbedingtes Angenommensein erfahre.“ So könnten auch Menschen, die nicht an Gott glauben, dennoch dieses Gehaltensein im Letzten erfahren, weil es eben vermittelt sei in dieser Konkretheit.
Bischof Gerber rief daher zum Dialog auf zwischen engagiert Glaubenden und den Engagierten in der Gesellschaft, die unseren Glauben nicht teilen. Zum gemeinsamen Einsatz für Werte, welche die Aggressoren und Potentaten dieser Welt aktuell so massiv bedrohen: Freiheit, gleiche Rechte und die unbedingte Würde der menschlichen Person, so der Bischof: „Dies sind keine Produkte westlicher Kultur, sondern unveräußerliche Werte.“
Sie zu achten und zu schützen bedürfe auch einer kritischen Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit. „In Deutschland und in Europa haben wir die Erfahrung, dass die Aufarbeitung und das Stehen zu den dunklen Seiten der eigenen Geschichte zur wesentlichen Voraussetzung für ein friedliches Miteinander wurden“, unterstrich Gerber. „Weiter im Osten gab es diese Aufarbeitung nicht.“
Auch aus dieser Erfahrung heraus schaue die moderne westliche Gesellschaft – zurecht –, so Gerber, kritisch auf die Art und Weise, wie die Kirche ihre eigene Geschichte, insbesondere den Umgang der Verantwortlichen mit Fällen und Betroffenen sexualisierter Gewalt, aufarbeite.
Die Kirche müsse zu ihrer Geschichte stehen, zu den dunklen Seiten wie zu den wertvollen und kostbaren Momenten, so der Bischof: „Das ist meine Vision für unsere Kirche“, betonte er: „Dass wir neu durchstoßen zu dem, der uns letzten Halt gibt und dass wir erkennen und wertschätzen, wer links und rechts neben uns sich einsetzt in dieser Welt, mit engagierter Gelassenheit.“
Als Gastrednerinnen und Gastredner gingen Sr. Birgit Bohn, Generaloberin des Hauses der barmherzigen Schwestern vom hl. Vinzenz von Paul in Fulda, Sabine Kropf-Brandau als Pröpstin des Sprengels Hanau-Hersfeld und Mitglied des Rates der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck und der Landessynode, Michael Brand (CDU), Abgeordneter des Bundestagswahlkreises 174 (Fulda und Vogelsberg) sowie Mitglied des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe sowie Oliver Naumann, Präsident der IHK Hanau-Gelnhausen-Schlüchtern und Verleger der Gelnhäuser Neuen Zeitung (GNZ) aus ihrer je eigenen Perspektive auf die Frage nach der Relevanz der Kirche ein.
Zuvor spürte während einer Vesper in der Pfarrkirche St. Andreas bereits Generalvikar Steinert der Frage der gesellschaftlichen Relevanz der Kirche nach: „Auf die Plätze, fertig, los“, begann er seine Predigt mit einem sportlichen Motto. Am Festtag der Taufe des Herren erinnerte der Generalvikar dabei an Jesu Taufe im Jordan, aber auch an unsere eigene Taufe: „Christen taufen, nicht weil Jesus selbst getauft hätte, sondern weil er getauft worden ist“, betonte Steinert.
Im Geiste Gottes könnten die Getauften „unterscheiden zwischen Wahrheit und Meinungsmache, zwischen dem, was Menschen guttut und dem, was sie ins Unheil rennen lässt“, so Steinert: „Als von Gott Geliebte können und sollen Christinnen und Christen Zeugnis geben für Gottes Wirken in der Welt, auch und gerade in kritischen Zeiten.“
Dabei komme es, so der Generalvikar, auch darauf an, festgefahrene Strukturen und Meinungen aufzubrechen und radikal die Ziele des Lebens, statt der Mittel des Alltags in den Blick zu nehmen: „Wir werden manches loslassen und uns von einigem verabschieden müssen, um uns auf die essenziellen Dinge der Organisation und des Miteinanders konzentrieren zu können.“
Die Fragen und Impulse rund um die Relevanz der Kirche wurden anschließend in lockerer Runde bei vielen Gesprächen und einem Imbiss vertieft. Für die musikalische Begleitung des Empfangs sorgten Meggie Klüber, Martin Matl und Christopher Löbens vom Trio „Three4U“. Die musikalische Gestaltung der Vesper übernahmen zuvor Domkapellmeister Franz-Peter Huber mit einer Schola aus Sängerinnen und Sängern der Chöre am Dom sowie Domorganist Prof. Hans-Jürgen Kaiser an der Orgel.
Alle Bilder: Bistum Fulda / Martin Engel
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