Sanierung der Orgel in der Klosterkirche Hünfeld
Seit über 110 Jahren verrichtet die Orgel in der Hünfelder Klosterkirche ihren wertvollen Dienst. 1903 wurde das Instrument durch den Fuldaer Orgelbauer Fritz Clewing mit 2 Manualen, Pedal und mit mechanisch angesteuerten Kegelladen erbaut. In der Folgezeit wurde die Orgel mehrfach klanglich und technisch umgebaut. Die Orgel hatte zuletzt 29 Register, verteilt auf 2 Manuale und Pedal auf elektrisch angesteuerten Kegelwindladen und bestand aus einem vielschichtigen klanglichen und technischen Konglomerat verschiedener Zeitepochen. Zudem war die Klangqualität und Stimmhaltung sowie die Funktionssicherheit des Instrumentes durch Verschleißerscheinungen, alterungsbedingte Materialermüdung und die Verschmutzung durch vorangegangene Sanierungsarbeiten in der Klosterkirche beeinträchtigt.
Das Ziel der jetzt angestrebten Generalsanierung der Orgel war, neben der erforderlichen Reinigung, den gewachsenen Zustand denkmalsgerecht zu erhalten und die Orgel klanglich und technisch bei der Überarbeitung zu einem harmonischen Ganzen zusammenzuführen.
So wurde die Orgel in der Disposition in Teilbereichen zurückgeführt. Im Hauptwerk wurde das zu Nasard 2 2/3‘ gekürzte originale Pfeifenwerk wieder zu einer Gambe 8‘ angelängt. Das Nachthorn 2‘ Register entfiel und es wurde ein hochgebänktes Cornett 3fach nach Mensur und Bauart der Clewing-Orgel in Hünhan rekonstruiert. Die darin enthaltene Quinte 2 2/3‘ wurde als Auszug separat schaltbar eingerichtet; dabei wurde die 2003 ausgebaute Quinte 1 1/3‘ verwendet und entsprechend im Bass um 12 Töne ergänzt.
Im Schwellwerk erhielt die Viola 8‘ in der tiefen Oktave neue offene Zinnpfeifen (dankenswerterweise von Orgelbaumeister Kilian Gottwald eingebracht) und das Register Sesquialter 2fach wurde ohne Repetition umgearbeitet. Die Wände und Jalousietüren des Schwellwerkes wurden akustisch verstärkt und abgedichtet, um die Klangdynamik zu optimieren.
Das klangliche Fundament wurde im Schwellwerk durch den Einbau eines (Holz-)Gedackt 16‘ auf einer separaten Kegellade geschaffen und als Transmission für das Pedal eingerichtet.
Als zusätzliche Klangeffekte wurden ein Glockenspiel und Zimbelstern im Schwellwerk, ein Kuckuck im Spieltisch und ein Tremulant für das Hauptwerk eingebaut.
Außerdem wurden über eine elektronische Koppelanlage drei Oktavkoppeln ergänzt, die der Orgel mehr Klangfülle verleihen.
Der elektrische, frei an der Emporenbrüstung stehende Spieltisch wurde komplett neu gebaut und optisch in Anlehnung an den originalen Clewing-Spieltisch in Hünhan konzipiert. Eine moderne Setzeranlage mit Touch-Screen-Bedienfeld ermöglicht den Organisten 10.000 Registerkombinationen zu speichern; diese neuzeitliche Zutat ist dezent in einem Schubkasten im rechten Staffelbrett des Spieltisches untergebracht.
Um zukünftig eine sichere Funktion der Orgel zu gewährleisten, wurden der Gleichrichter, alle Ton- und Registermagnete, die Verkabelung sowie der Winderzeuger erneuert; letzterer wurde für eine stabile Windversorgung entsprechend größer als das Vorgängermodell dimensioniert und in einem schallisolierten Gehäuse untergebracht.
Es erfolgte eine grundlegende Überarbeitung der Windladen; in einige Registerkanzellen wurden Glasfilterscheiben zur Winddruckstabilisierung bei den Diskantpfeifen eingebaut.
Die bisher lautstarken Trakturgeräusche konnten durch die Überarbeitung der Kegelventile, die Einbringung von Dämpfungselementen an den Leitstiften und eine sorgfältige Regulierung der Hubmuttern reduziert werden.
Auch das Pfeifenwerk bedurfte einer intensiven Reinigung und Restaurierung. Die Metallpfeifen wurden ausgerundet, teils nachgelötet und die Stimmvorrichtungen überarbeitet. Bei den Holzpfeifen wurden gerissene Fugen verleimt und festsitzende Spunde neu eingepasst. Die Zungenpfeifen wurden komplett in Einzelteile zerlegt, die Zungenblätter neu abgezogen und die Stimmkrücken leichtgängig eingerichtet.
Doch nicht nur unsere Orgelbauer waren an der Sanierung des Instrumentes beteiligt. Bauseitig wurden der Emporenfußboden und die Kirchen-/Orgelrückwand saniert, sowie der elektrische Anschluss und die Beleuchtung der Orgel erneuert. Die Klosterschreinerei restaurierte das Orgelgehäuse, änderte den zuvor unvorteilhaften Zugang in die Orgel, erneuerte die höhenverstellbare Sitzbank für den Organisten und fertigte eine Stehle für die Notenablage, den Liedanzeiger und Peripheriegeräte – und auch sonst waren hilfsbereite Hände bei Bedarf immer da.
Für die interessante und fruchtbare Zusammenarbeit möchten wir uns besonders bedanken bei dem Fuldaer Domorganisten, Herrn Prof. Hans-Jürgen Kaiser, bei Herrn Dr. Buchstab vom Landesamt für Denkmalpflege, dem Orgelsachverständigen Orgelbaumeister Kilian Gottwald und beim Organisten des Klosters, Herrn Matthias Steinmacher, die die Arbeiten an der Orgel fachkundig beratend begleitet haben.
Ralf Jehmlich
CD:
Hans-Jürgen Kaiser spielt Werke von Rinck, Schumann
(B-A-C-H-Fugen), Liszt und Mendelssohn-Bartholdy (1. Sonate f-Moll)
2013
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36037 Fulda
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