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Bistum Fulda
Bischof Gerber an die Gläubigen im Bistum Fulda

Bischofswort von Bischof Dr. Michael Gerber

an die Menschen im Bistum Fulda angesichts der Corona-Epidemie

Fulda, am Hochfest des Heiligen Josef, dem 19. März 2020

Liebe Schwestern und Brüder im Bistum Fulda,


durch die aktuelle Krise sind wir zusammen mit Menschen auf der ganzen Welt sehr herausgefordert. Viele von uns trifft dies existenziell, etwa weil sie an Vorerkrankungen leiden oder aufgrund ihres Alters besonders gefährdet sind. Andere machen sich Sorgen um ihren Arbeitsplatz oder ihr Einkommen und wissen nicht, wie sie ihren familiären Alltag bewältigen können.


Wir erleben derzeit eine höchst widersprüchliche Situation: Vom Verstand her wissen wir, dass wir unsere sozialen Kontakte auf ein Minimum einschränken müssen. Von unseren Gefühlen her spüren wir dagegen, dass wir – mehr denn je – auf unmittelbare mitmenschliche Kontakte angewiesen sind. Auch vor diesem Hintergrund ist es mir sehr schwer gefallen, bereits am Samstag, dem 14. März, die öffentliche Feier von Gottesdiensten zu untersagen. Viele haben sofort mit Verständnis reagiert, manche haben aber auch andere Gefühle zum Ausdruck gebracht: Trauer, Enttäuschung, bisweilen auch Wut und Ärger. Ich interpretiere das als ein sehr wichtiges Zeichen: Denn diese Reaktionen zeigen, wie wertvoll uns die gemeinschaftliche Feier der Eucharistie ist und wie sehr wir sie gerade jetzt als Kraftquelle ersehnen.

 


Inzwischen geben das auch die notwendigen staatlichen Einschränkungen vor. Nun sind wir herausgefordert, damit zu leben – und das auf unbestimmte Zeit. Eine ganze Reihe von konkreten Regelungen gilt es zu treffen. Dazu habe ich un-seren Pfarrern ein eigenes Schreiben zukommen lassen, mit Punkten, die jetzt zu beachten sind. Bei allen Einschränkungen bitte ich nicht nur um Ihr Verständnis, sondern auch um Ihre aktive Unterstützung! Wir sind gefordert, in Solidarität auf vieles zu verzichten, was uns wertvoll ist. Dankbar bin ich allen, die an irgendeiner Stelle im Bistum im Dienst am Nächsten sowie im administrativen Bereich einen sehr großen Einsatz zeigen.

Gleichzeitig mit den vielen praktischen Regelungen, die nun Ihren Alltag prägen, stellt sich die Frage: Was bedeutet all das für unseren Weg als Glaubende? Was bedeutet all das für unser geistliches Leben? Drei Impulse möchte ich uns heute mit auf den Weg in die nächsten Tage geben.


1. Unsere Kirche lebt von sichtbaren Zeichen. Sie nährt sich aus der Eucharistie. Wir glauben, dass sich uns der Herr in der Gestalt von Brot und Wein schenkt. „Seid, was ihr seht, und empfangt, was ihr seid!“ – so formuliert es der Heilige Augustinus in einer Osterpredigt für Neugetaufte (Sermo 272). Als Kirche sind wir Leib Christi und damit als ein Organismus miteinander vernetzt und aufeinander verwiesen. Was die einen tun, wirkt sich auf die anderen aus. Im Bereich der tätigen Nächstenliebe leuchtet uns das ein: Wo Menschen sich engagieren, kommt dies anderen zugute.

Doch das gilt auch für die Feier der Heiligen Messe, für jeden Gottesdienst und auch für das persönliche Gebet. Im Dritten Hochgebet betet der Priester nach der Wandlung: „Beschütze deine Kirche auf ihrem Weg durch die Zeit und stärke sie im Glauben und in der Liebe“ – dann werden Papst, Bischöfe, Priester und das ganze Volk Gottes genannt. Wenn ich jetzt in diesen Tagen hier im Bischofshaus die Eucharistie feiere, dann fühle ich mich besonders mit Ihnen verbunden. Mich haben auch schon eine ganze Reihe von Aussagen von Pfarrern erreicht, dass sie sich während des im kleinsten Kreis gefeierten Gottesdienstes in sehr intensiver Weise mit ihren Gemeinden verbunden wissen. Mancher von uns schaut ja dann sehnsüchtig in Richtung Kirche und denkt: „Da wäre ich jetzt auch gerne dabei.“ Aus dieser Sehnsucht kann ja auch die Gewissheit erwachsen: „Ich bin dabei – nur anders als sonst.“


Unsere Verbundenheit zeigt sich in weiteren Formen, etwa im Beten von Laudes und Vesper. Jeden Tag beten unzählige Menschen auf der ganzen Welt die gleichen Texte. Auch im persönlich gestalteten Gebet können wir die Anliegen der an-deren Menschen vor Gott tragen und uns auch so miteinander vernetzen. Für mich selbst ist es in diesen Tagen eine große Inspiration, mich mit anderen Menschen geistlich auszutauschen. Das geschieht vor allem via Internet mit einer entsprechend eingerichteten Gruppe. Wir erzählen einander: Was haben wir heute erlebt? Welche Aussagen und Bilder klingen in uns nach? Was sagt das für meinen weiteren Weg als Christ? Ich lade Sie ein, im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten hier kreativ zu werden und solch einen Austausch einzuüben. In den letzten Tagen erzählen mir viele junge Menschen, wie sie sich über Soziale Medien vernetzen, auch um gemeinsam zu beten. Warum nicht jetzt intensiver Telefonate pflegen oder auch eine Telefonkonferenz einrichten lassen? Diejenigen von uns, die nicht so mit der modernen Technik vertraut sind, können sich von Jüngeren unterstützen lassen.



2. Der Weg der Nachfolge Jesu ist ein Weg der Solidarität. In der Krise zeigt sich, aus welchen Werten Menschen leben. Keine Frage: Es ist die erste Aufgabe, für den Schutz der mir unmittelbar anvertrauten Menschen zu sorgen. Zugleich sind wir aber auch herausgefordert, uns denen zuzuwenden, die jetzt auf unsere Unterstützung angewiesen sind. Wer in meiner Umgebung braucht konkrete Hilfe? Wer erfährt seine Einsamkeit jetzt noch stärker als ohnehin schon?

Die derzeitigen Maßnahmen schränken die Möglichkeiten deutlich ein, sich unmittelbar zu begegnen. Aber werden wir im Rahmen dessen kreativ, was angesichts der Ausbreitung der Epidemie klug ist! Wem hilft es, dass wir sie oder ihn anrufen? Wer wartet gerade jetzt auf ein längeres Telefonat? Wem könnten wir wieder einmal einen Brief schreiben? Wem kann ich beim Einkaufen helfen? Oder: Wie können wir uns gegenseitig unterstützen, ein geistliches Leben zu Hause zu führen? Vieles ist möglich! Tauschen wir unsere Ideen aus! Wir werden versuchen, über unsere Homepage www.bistum-fulda.de Anregungen und Praxisbeispiele zur Verfügung zu stellen.


3. Wir sind auf dem Weg auf Ostern zu. Wir müssen damit rechnen, dass wir über die Osterfeiertage bezüglich der Gottesdienste eine ähnliche Situation haben wer-den wie jetzt. Viele fragen sich: Wie kann ich da Ostern feiern, wenn die gewohnten Liturgien so nicht möglich sind? Wir spüren in diesen Tagen stärker: Dass wir als Kirche aus dem Ostergeheimnis leben, ist tief in unserer Seele verwurzelt. Es drängt uns danach, dies auch zu erleben in der Feier der Kar- und Ostergottesdienste. Wir sehnen uns danach, die besonderen Riten des sogenannten Österlichen Triduums, also der Tage von Gründonnerstag bis Ostern, mitzufeiern. Diese Möglichkeit gibt es nur einmal im Jahr – und in diesem Jahr werden wir sie mit großer Wahrscheinlichkeit nicht in der gewohnten Weise feiern können.

In dieser Situation kam mir der Gedanke: Könnte nicht gerade in dieser Erfahrung ein neuer Zugang zu Ostern liegen? Die Frauen und Männer, die sich damals mit Jesus auf den Weg nach Jerusalem machten, sie hatten ihre klare Vorstellung, wie sie dort in der Tradition Israels das Pessach feiern würden. Und doch: Es kommt alles anders in jener Nacht des letzten Abendmahls. Eben noch war da der schön hergerichtete Festsaal – jetzt finden sich die Jünger in einem dunklen Garten am Ölberg wieder.

In dieser Situation stellt Jesus die Frage: „Wen sucht ihr?“ (Joh 18,4) Nicht nur diejenigen, die mit Judas kommen, sondern auch seine Jünger hören diese Frage. Vielleicht haben sie im Stillen gedacht: „Wir hätten dich lieber im vertrauten Umfeld gesucht; beim Pessach-Mahl, wie wir es seit Kindesbeinen an gefeiert haben; am heimatlichen See, mit dem wir selbst im Sturm vertraut sind; auf jeden Fall nicht hier, am Ölberg, in dieser rauen Wirklichkeit, die uns völlig fremd ist.“ Ob diese Frage „Wen sucht ihr?“ nicht gerade auch jetzt, auf dem Weg nach Ostern, gilt? Ich bin von einem Auftrag überzeugt, dem wir aktuell unsere ganze Aufmerksamkeit im Gebet und in der konkreten Begegnung mit Menschen in Not widmen sollten: Suchen wir Gott als den, der handelt, auch jenseits unserer Vorstellungskraft! Suchen wir IHN, der sich uns zeigen wird wie damals in der Nacht des Karfreitags, im Aushalten der Leere des Karsamstags und in der langsam wachsenden Zuversicht des Ostermorgens.

Ich wünsche uns allen, dass die vor uns liegende Zeit eine Zeit der österlichen Suche wird. Wir wissen nicht, was die kommenden Tage und Wochen noch von uns fordern werden. Aber in aller Not und Dunkelheit wird es dennoch Momente der Auferstehung geben, in denen Gott zu uns spricht: Ich bin der „Ich bin da“ (Ex 3,14) – und in denen uns Jesus als der Auferstandene begegnet, der uns Orientierung gibt: „Ich bin es.“ (Joh 18,5)


Wir sind miteinander im Gebet verbunden!

Ihr


+ Michael Gerber
Bischof von Fulda

14.03.2020


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